Die Kapelle zu Stretense, Filia zu Wusseken, jetzt Spantekow
Die Irmgardkapelle in Stretense, Filia im alten Pfarrbereich Wusseken, wurde im Jahre 1909 innerhalb von 3 Monaten anlässlich der kirchlichen Trauung der Irmgard von Heyden-Linden erbaut. Der Bau kostete damals 9.000 Reichsmark. Kurze Zeit nach dem Traugottesdienst wurde die Kapelle der Kirchengemeinde Wusseken übereignet.
Der Kapellenbau ersetzt einen Vorgängerbau, der im Zuge des 30jährigen Krieges zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde.
Die Kapelle ist ein oktogonaler Backsteinbau mit verputzten Wandflächen. Auf dem Dach befindet sich eine hölzerne Laterne, die Lichtgeber für das Innere der Kirche ist. Die vermauerten Seitenfenster waren vermutlich bis Anfang der 20-er Jahre noch offen. In den 90-er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Dach neu gedeckt. Der über dem Eingang befindliche Glockenstuhl beherbergt eine Glocke des Demminer Glockengießers F. Schünemann aus dem Jahre 1845. Der Glockenstuhl wurde in den Jahren 2007/2008 umfassend instandgesetzt.
Betritt man den Kapellenraum, so darf man einen fast im Originalbestand ausgestatteten Raum erleben. Der Altar, samt Antependium, Leuchtern und einem Kruzifix (hergestellt durch einen Herrgottsschnitzer aus Süddeutschland) sowie die Kanzel und das Gestühl sind gut erhalten. Erwähnenswert sind auch die Gedenktafeln und Kreuze, die an den Wänden angebracht, an die Opfer der 2 Weltkriege im vergangenen Jahrhundert erinnern. Zahlreiche Denkbilder sind als Ausdruck einer tiefen Frömmigkeit an den Wänden angebracht.
In den 20-er Jahren wurde die Kapelle malerisch neu gestaltet. Der mit der damaligen Gutsfamilie von Heyden-Linden befreundete Maler Johannes Sass (1897-1972), Berlin, schuf 2 Wandbildnisse. An der linken Seite sieht man den Einzug Jesu von Nazareth nach Jerusalem (Palmarum) und auf der rechten Seite das Krippenbild von Bethlehem. Nach alter Tradition hat der Maler, der der expressionistischen Künstlergruppe „Die Brücke“ nahestand, Familienmitglieder und sogar sich selbst in die Bilder gesetzt: So trägt Maria in dem Krippenbild die Gesichtszüge der Margot von Heyden-Linden (1895-1975), während ihr Mann Bogislav von Heyden-Linden (1895-1960) einen der 3 König darstellte. Der Maler selbst ist im Bild von Palmarum an der rechten Seite zu erkennen. Über dem Altar befinden sich 2 Engeldarstellungen. Ihre Gesichtszüge erinnern an Konrad von Heyden-Linden sowie dem adoptierten Sohn Peter von Mossner. Sie starben im 2. Weltkrieg.
In den Jahren der DDR wurde infolge der kirchenfeindlichen Politik der Kirchengemeinde hart zugesetzt. Das in Stretense infolge der Enteignung der Familie von Heyden-Linden errichtete Volkseigene Gut (VEG) versuchte, die Bevölkerung vom christlichen Glauben fernzuhalten. Über Jahrzehnte fanden daher nur noch selten Gottesdienste statt, bis diese in den 90-er Jahren fast gänzlich zum Erliegen kamen. Ab 2005 engagierten sich die neuen Besitzer des Gutes Stretense für den Erhalt der Kapelle. Es fanden umfangreiche Notsicherungsmaßnahmen statt, die dazu führten, dass am Pfingstsonntag 2009 die Kapelle wieder in den Dienst der Gemeinde genommen werden konnte. Seitdem finden ein- bis zweimal im Jahr Gottesdienste und Andachten statt.
2021 wird die Kapelle im Inneren umfassend saniert.
Sehenswert ist auch das Bongardtharmonium (Firma Bongardt, Wuppertal), welches vor einigen Jahren wieder voll betriebsfähig gemacht wurde. Die Kapelle wird nach wie vor mit einem Gussofen beheizt.